Die gebratene Weihnachtsgans - Ein kleiner Ausflug in die Kulturgeschichte der gebratenen Gans

"Einen schöneren Vogel gibt es nicht." W. Busch

Die Weihnachtsgans
Die Weihnachtsgans

Die Gans – eine ungewöhnliche Vorliebe der Germanen

 Die Gans ist sicherlich eine der wenigen kulinarischen Spezialitäten, auf die die Germanen ohne Hilfe anderer gekommen sind. Vielleicht hat sie sich deshalb so tief ins deutsche Bewusstsein eingegraben. Jedenfalls wissen wir von den Römern, dass die Germanen und Gallier eine ungewöhnliche Vorliebe für die gemästete Gans entwickelten. Dass diese die Gänse nur deshalb verzehrten, weil sie durch ihr Geschnatter ihren Angriff auf das römische Kapitol im Jahre 390 v. Chr. verrieten, war römische Propaganda. Schließlich waren die Römer die Hauptabnehmer der Gänsefedern, die vorzugsweise von den Galliern und Germanen geliefert wurden.

Seitdem ein gewisser Plinius entdeckte, dass die Leber der Gänse sich durch die gezielte Beigabe von Öl und Feigen vergrößern und in eine helle und sehr wohlschmeckende Köstlichkeit verwandeln ließ, wurde das schiere Gänsefleisch zu einem Essen für den plebs und die wilden Stämme jenseits der Alpen. Bei denen blieb sie bis in das Mittelalter hinein ein beliebtes Geflügel. Wer Gänse sein eigen nennen konnte, hatte immer ausreichend Fleisch und Schmalz im Hause, konnte sich weich in Gänsedaunen betten und die Gänsekiele als Schreibgeräte teuer verkaufen.

Die Gans wird gefüllt

Während sich jedoch die Franzosen allmählich vornehmeren Geflügelarten zuwandten oder sich auf die verfeinerte Zubereitung der Fettleber – foie gras – konzentrierten, musste es für die Nachkommen der Germanen schon der ganze Vogel sein. Damit dieser den Angriffen der hungrigen Esser möglichst lange standhielt wurde er gefüllt. Aus der mittelalterlichen Klosterküche ist bekannt, dass die Gans als Hülle diente, um allerlei Leckereien zu verstecken. Als Füllung dienten Wachteln, Rebhühner, Fasanen und Kapaune, aber auch Schweins- und Kalbsfüße fanden Raum in dem großen Vogel. In der klassischen Füllung sind davon nur noch die Beigaben übrig geblieben: Maronen, Äpfel, Birnen, Trauben, manchmal versetzt mit Nüssen oder Pilzen.

 

So wurde aus einem Festtagsvogel, der mit seinen 12 - 15 kg. Schlachtgewicht die vielen großen und kleinen Esser satt zu machen vermochte, die kleinfamiliale Jungmastgans, mit deren Hilfe der ernährungsbewusste Genießer einmal im Jahr seine Prinzipien bereitwillig übertritt. Wenn die gebratene Gans auf den Tisch kommt, schweigen sie alle: die guten Vorsätze ebenso wie die zickige Galle und der chronisch angeschlagene Magen. Damit dies gelingen möge, wird der Gans, je nach Gusto, säurehaltiges Kompott und milchgesäuerter Kohl beigefügt, unterstützt durch den enzymatisch wirkenden Beifuß und Kümmel.

Aus dieser Gefolgschaft hat sich eine kulinarische Geschmackssynthese entwickelt, der gegenüber alle Verfeinerungen versagen. Wie immer die zahlreichen Gans-Rezepte sich regional verorten, am Ende kommt doch immer der ganze Vogel aus der Röhre, gebraten und mit Obst, Maronen und Nüssen gefüllt. Selbst die gewagtesten Versuche, der Gans etwa mit Hilfe von Trüffeln oder exotischen Gewürzen eine andere Geschmacksnuance abzugewinnen, schlagen regelmäßig fehl. Die Gans mit ihren in reichlich Fett gelösten Geschmacksstoffen behält immer die Oberhand.

Die Zubereitung der Kenner

Das ist der Grund, weshalb das Augenmerk der Kenner auf Herkunft und Alter der Gans gerichtet ist. Wer eine junge, freilaufende Gans erwischt, die nicht älter als 6-7 Monate ist und sich ihre Nahrung im Grünen selbst suchen musste, wird die weihnachtlich gestresste Familie leicht beglücken können. Vorausgesetzt allerdings, dass er die Gans bei niedriger Hitze (100 - 140 °) sehr langsam (3-5 Stunden je nach Größe) und bei ständigem Übergießen mit dem eigenen Fett gart, um sie dann für das letzte Outfit 15 - 20 Minuten bei hoher Temperatur (180 - 220°) zu bräunen.

 

Zähe Gänse lassen auf ein allzu langes und falsch gemästetes Leben derselben schließen. Denselben Effekt erreicht man auch, wenn man durch eine beständig hohe Temperatur das schmackhafte Fett aus den Muskelfasern heraus treibt. Kaum einer, der davon ganz verschont geblieben wäre: von den faserig-trockenen Gänseteilen in mehlgeschwitzem Gänseschmalz, die besonders gerne lange in den Zähnen und noch länger im Gedächtnis bleiben.

 

Wer ganz sicher gehen möchte, weil er das Alter seines Vogels oder dessen Qualität nicht einzuschätzen vermag, kann sich der Technik des Pökelns bedienen. Das geht auch ohne professionelles Pökelsalz. Man legt dazu die Gans in ein großes Behältnis, bedeckt sie vollständig mit einer Salzlösung von ca. 12%, der etwas Zucker beigefügt ist. Ansonsten sorgen z.B. Gewichte dafür, dass die Gans auf Tauchstation bleibt. In diesem Zustand kann sie ohne weiteres 10 bis 14 Tage zubringen. Anschließend nimmt man die Gans aus der Lösung und wischt sie mit lauwarmem Wasser ab.

Danach legt man die Gans zum Austrocknen an einen kühlen, luftigen Platz, wo sie mit einem Küchenhandtuch zugedeckt weitere ein- bis zwei Tage zubringen kann. Erst dann geht es weiter wie gewohnt.

 

Wer es den Profis gleichtun möchte, verwendet eine Salzlake, die sich pro Liter aus 880 ml Wasser, 120 g Salz und einem gestrichenen Teelöffel Zucker zusammensetzt. Diese Technik des Pökelns lässt sich natürlich ebensogut für jedes andere Stück Fleisch verwenden. Bei der Weihnachtsgans kann man jedoch noch einen weiteren Vorteil billigend in Kauf nehmen. Durch das Pökeln mit der notwendigen Vorlaufzeit befreit man sich von der Last des Last-Minute-Käufs und kann sich in Ruhe dem Bauern seines Vertrauens zuwenden.

 

Richtige Gourmets bevorzugen freilich die gepöckelte Gans als eine interessante Zubereitungsvariante, die ihnen einen zusätzlichen Gaumenkitzel an saftigem und aromatischem Gänsefleisch verspricht.

Gänsebraten ist Männersache

Gänse sind weiblich aber Gänsebraten ist Männersache. Das war freilich nicht immer so. Noch im Mittelalter gilt die Gans, eingedenk ihrer antiken Vorgeschichte, als mutig, klug und wachsam. Ihr Geschnatter schützte vor Einbrechern und Dieben, schreckte Eroberer ab und warnte frühzeitig, wie z.B. in Freiburg, vor alliierten Luftangriffen, und noch heute werden Haus und Hof oft von Gänsen zuverlässiger bewacht als durch Hunde.

 

Erst mit der beginnenden Neuzeit wird der Spieß umgedreht. Die Gänse werden zum Synonym für das weibliche Geschlecht. Ihnen wurden all jene weiblichen Eigenschaften angedichtet, die für den männlichen Verstand bedrohlich schienen. Die Gänse werden zu dummen, albernen, eitlen und zänkischen Wesen, die durch ihr kommunikatives Geschnatter die männliche Ordnung unterminieren. Um diese weibliche Widerspenstigkeit zu zähmen, müssen die Gänse zivilisiert werden.

 

Die frühen Holzschnitte aus dem 15. und 16. Jahrhundert erzählen von den verzweifelten Versuchen, die Gänse mit Hufeisen zu beschlagen und ihnen Schuhe anzuziehen. Freilich vergebens. Eia popeia: was im Stroh raschelt, hat eben keine Schuhe, und wer den Gänsen Schuhe machen will, wird von den Sprichwörtern als überklug und als Narr verhöhnt. Wer sorget, ob die gaenss gent bloss, der hat kein frid, ruow überall, heißt es im Narrenschiff. Der kluge Mann wird die Gans, die goldene Eier legt, nicht schlachten, nur um eines ungewissen Vorteils willen.

 

Dass sie am Tag des hl. Martin dennoch geschlachtet wird, hat mit den am 11. November fälligen Naturalabgaben an den Grundherren und den ins Haus stehenden sechswöchigen Fastentagen zu tun. Das Martiniloben war ursprünglich ein Herrenessen. Der Verrat von St. Martins Versteck durch die Gänse lieferte dafür nur die allfällige Legitimation.

Die Weihnachtsgans - Wie Weihnachten auf die Gans gekommen ist

Auf den weihnachtlichen Tisch ist die Gans wohl erstmalig auf ausdrücklichen Wunsch von Elisabeth I. in London im Jahre 1687 gekommen. Erst die königliche Verwendung des bäuerlichen Geflügels brachte die Gans auf die bürgerliche Weihnachtstafel, auf der sie bis heute, jedenfalls in Deutschland, unangefochten ihren dominanten Platz einnimmt.

 

Über ihre Bekömmlichkeit machte man sich von Beginn an keine Illusionen. In seinem Diaeteticon von 1682 schreibt der Hofmedicus und Magister Elsholtz:

"Meines erachtens gehören die Gänse zu den mächtigstens Speisen / welche nemlich schwer zuverdawen sind. In summa / Gänse werden billig unter die süchtigen Speisen gerechnet / welche schwächlichen leuten nicht dienen / und also den Krancken viel weniger. -

 

Wie aber ? Sol man deswegen die Märtensganß gar abschaffen ? Keines weges / sintemahl alsdan / und bis in den Winder sind die Gänse am fettesten; auch machet zugleich die antrettende Kälte dem Magen in der Dawung stärcker / und ein guter Firnwein kann viel verbessern: zugeschweigen / daß man die Märtens-Ganß des Jahres einmahl isset: jedoch es finden sich noch starcke Brüder genug / welche wol mehrmahlsohn sonderbaren schaden verzehren können."

 

Halten wir es mit Wilhelm Busch. Ein jeder, der Verstand hat, spricht: Einen schöneren Vogel gibt es nicht.

 

Der Ferienhof Luisenau wünscht allen seinen Freunden und Gästen ein entspanntes und erholsames Weihnachten 2013.

 

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